Webdesign Preise: Festpreis oder Stundensatz?

Dieser Artikel ist der erste in einer Serie zum Thema Webdesign Preise. Die Serie beschäftigt sich zunächst mit der Abrechnung und dann im zweiten Teil mit der Preisgestaltung von Webdesign-Projekten.

Abrechnung von Webdesign-Projekten

Insbesondere zu Beginn einer selbständigen Tätigkeit als Webdesigner stellt sich die Frage, wie man seine Webdesign Preise angibt:

  1. als Stundensatz (mit Abrechnung nach Aufwand) oder
  2. als Festpreis.

Ein weiterer beliebter Ansatz ist eine Mischung aus beiden Abrechnungsmodellen: Man nennt einen Festpreis für einen vertraglich festgelegten Leistungsumfang und gibt einen Stundensatz an, der bei zusätzlichen Leistungen zum Tragen kommt, die vom vertraglich vereinbarten Umfang abweichen. Das ist ein praktikabler Ansatz, der aber einige gravierende Nachteile hat. Dazu gleich mehr.

 Zuvor möchte ich die beiden Abrechnungsmodelle in Reinform vergleichen.

Abrechnung nach Aufwand

Bei der Abrechnung nach Aufwand wird dem Kunden ein Stundensatz und ein erwarteter Aufwand in Stunden genannt. Der Kunde weiß ganz grob, welche Investition er tätigen muss, um sein Ziel zu erreichen.  Der Gesamtpreis bleibt aber variabel und hängt vom tatsächlichen Aufwand ab.

Vorteile für den Anbieter

  • Das Risiko bzgl. Aufwand liegt beim Kunden. Der Stundensatz bleibt fest und wird nicht durch unterschätzte Arbeiten im Nachhinein verwässert.
  • Da der Leistungsumfang vorab nicht so hart festgelegt werden muss wie bei einem Festpreisprojekt, sparst Du Dir etwas Arbeit vorab und später das Feilschen, ob ein bestimmter Aspekt Bestandteil des Vertrags ist oder nicht. Zusätzliche oder abweichende Wünsche werden einfach umgesetzt und abgerechnet. (Vorsicht: Das Blatt kann sich wenden, wenn der Kunde den Eindruck bekommt, dass es nicht vorangeht. Es ist also dennoch hilfreich, den Projektumfang und die Projektziele mit dem Kunden klar zu vereinbaren.)

Nachteile für den Anbieter

  • Keine Luft nach oben: genauso wie der Preis nach unten abgesichert ist, ist er nach oben hin begrenzt.
  • Das Aufwandsrisiko auf den Kunden abzuwälzen ist oft weder praktikabel, noch wirkt es besonders professionell.
  • In den meisten Fällen will der Kunde nicht x Stunden kaufen, sondern ein bestimmtes Ergebnis für sein eigenes Geschäft. Dem Kunden etwas zu verkaufen, das dieser gar nicht haben will, ist schwierig.
  • Man läuft Gefahr, dass die stundengenaue Abrechnung zu Auseinandersetzungen über den Aufwand oder die Arbeitsweise führt und sich der Kunde in eigentlich interne Abläufe des Webdesigners einmischt.
  • Die Angabe des Stundensatzes erschwert den Übergang zu anderen Abrechnungsmodellen. Ist dem Kunden der Stundensatz erst einmal bekannt, kann er damit jeden Preis auseinander nehmen.
  • Dieses Abrechnungsmodell forciert den Preiskampf. Der Stundensatz gaukelt Transparenz vor, auch wenn die Leistungen und/oder Kompetenzen gar nicht vergleichbar sind.
  • Es gibt immer jemanden, der einen niedrigeren Stundensatz angibt.
Einen Gesamtbetrag oder nach Aufwand anbieten?
Einen Gesamtbetrag oder nach Aufwand anbieten?

Abrechnung zum Festpreis

Bei der Abrechnung zum Festpreis kennt der Kunde nur den Gesamtpreis. Wie sich der Preis zusammensetzt, ist dem Kunden zumindest im Detail nicht bekannt. Der Gesamtpreis bleibt gleich, auch wenn der tatsächliche Aufwand für den vertraglichen Leistungsumfang von der Schätzung abweicht.

Anmerkung: es ist natürlich auch möglich, bei der Festpreis-Abrechnung die Kalkulation inkl. Stundensatz offenzulegen (z.B. Festpreis: 30h à €45,- = €1.350,-). Wenn ich hier von Festpreis spreche, gehe ich aber davon aus, dass dem Kunden die Kalkulation nicht bekannt gemacht wird.

Vorteile für den Anbieter

  • Ein Festpreis hinterlässt einen kompetenteren Eindruck und schafft Vertrauen. Wenn schon Du den Aufwand für ein bestimmtes Projekt nicht abschätzen kannst, wie soll der Kunde das hinkriegen? Oder anders gefragt: Würdest Du ein Auto kaufen, bei dem der Preis variabel ist? Nach dem Motto: „Der Golf kostet €30,- pro Arbeitsstunde. Erfahrungsgemäß brauchen wir für einen Golf etwa 600 Stunden, der Aufwand lag aber auch schon mal bei 500 oder 1000 Stunden. Kommt ganz darauf an…“ Ich weiß, der Vergleich hinkt. Aber im Endeffekt geht es um den Eindruck beim Kunden, und der ist auf diese Art nicht unbedingt der beste.
  • Ein Festpreis schafft Planungssicherheit: Gerade für Geschäftskunden ist es oft wichtiger zu wissen, wie viel investiert werden muss, als die Aussicht auf Einsparung von ein paar Euros.
  • Es gibt keine Diskussionen über oder Vergleiche von Stundensätzen.
  • Wenn dem Kunden eine genaue Kalkulation nicht vorliegt, kann er sie auch nicht dem nächstbesten Billiganbieter als Blaupause vorlegen.
  • Ein Festpreis schafft Spielraum. Es ist etwas einfacher, die wirtschaftliche Lage des Kunden oder den Nutzen des Projekts für den Kunden beim Festlegen des Preises berücksichtigen. Dies ist langfristig der wichtigste Punkt, weil er Dir neue Möglichkeiten eröffnet. Mehr hierzu folgt im zweiten Teil dieser Artikelserie.

Nachteile für den Anbieter

  • Das Aufwandsrisiko muss (im Wesentlichen) der Anbieter tragen. Wenn Du Dich bei der Aufwandsplanung verschätzt, geht das zunächst zu Deinen Lasten. In Extremfällen kann man zwar auch nachträglich noch einmal verhandeln, das ist aber für alle Seiten lästig und die Aussichten auf Erfolg sind auch nicht besonders. Um das Risiko einzudämmen, etwas Puffer einplanen.
  • Da es ihn nichts kostet, kann es passieren, dass der Kunde immer mehr haben will. Leistungsumfang und Abnahmekriterien müssen deshalb vorab klar beschrieben werden. Das ist an sich nichts Schlechtes, kostet aber Zeit. Wer hier spart, riskiert, dass er am Ende draufzahlt.

Tipp: Die Festlegung Deiner Webdesign Preise ist Dein Betriebsgeheimnis. Einzelne Aktivitäten oder Komponenten mit Preisen zu versehen, halte ich für kontraproduktiv, da es eher Diskussionen provoziert. Um Vertrauen aufzubauen, kannst Du die Zusammensetzung des Preises erläutern, indem Du z.B. die wichtigsten Schritte/Aktivitäten aufführst. So kann der Kunde sehen, dass echte Arbeit dahinter steckt. Du solltest dabei aber nicht zu tief ins Detail gehen.

Wie mit nachträglichen Änderungswünschen umgehen?

Teilweise wird dafür eine Kombination beider Ansätze verwendet. Auf den ersten Blick erscheint dieser Ansatz vorteilhaft, weil er einerseits die Planungssicherheit des Festpreises und andererseits die Flexibilität der Stundensatz-Abrechnung bietet. Der große Nachteil ist aber, dass bei diesem Ansatz ein Stundensatz offengelegt werden muss, und man sich damit die oben genannten Nachteile einhandelt. Die Angabe eines Stundensatzes für spätere Änderungen hilft dem Kunden aber gar nicht weiter. In den meisten Fällen wird er nämlich trotzdem nicht einschätzen können, was eine bestimmte Änderung kosten wird, weil er den Aufwand in Stunden nicht abschätzen kann (oder schlimmer: den Aufwand falsch einschätzt).

Besser ist es, dem Kunden von vornherein mitzuteilen, dass Änderungen später noch möglich sind, aber ggf. Mehrkosten verursachen. In der Praxis bedeutet das:

  1. kleinere Änderungen bereits einkalkulieren und
  2. größere Änderungen dem Kunden als Paket anbieten.

Fazit

Die Abrechnung nach Aufwand ist nur unter ganz engen Bedingungen empfehlenswert. Sie ist es eine Überlegung wert, wenn

  1. eine tragfähige Aufwandsschätzung kaum möglich ist, z.B. mangels Erfahrung oder wegen Projektunsicherheit beim Kunden und
  2. der Kunde diese Abrechnung explizit wünscht.

Wenn Du nach Festpreis abrechnest, gibst Du Dich professionell und verlässlich. Das Aufwandsrisiko lässt sich durch eine Beschreibung des Leistungsumfangs und der Abnahmekriterien sowie mit einem Puffer eingrenzen. Und dieser Ansatz verschafft Dir mehr Spielraum für höhere Preise. Wie das genau geht, betrachten wir im zweiten Teil dieser Artikelserie zum Thema Webdesign Preise.

Till

Till Otto ist der Gründer von Grip und seit über 10 Jahren als Softwareentwickler und Berater selbständig.

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