Die Anfrage
Was ist eine Anfrage?
Eine Anfrage ist eine Aufforderung an einen Anbieter, Informationen über seine Produkte oder Dienstleistungen sowie deren Preise und Lieferbedingungen bereitzustellen. Diese Informationen werden gewöhnlich in Form eines schriftlichen Angebots vorgelegt.
Die Anfrage ist rechtlich nicht bindend. Sie unterliegt keinen Formvorschriften. Sie kann schriftlich oder mündlich erfolgen.
Wie du eine Kundenanfrage bearbeitest
Eine Anfrage kommt rein. Es ist grob umrissen, worum es geht. Was nun?
Bevor es ans Angebot Schreiben geht, gibt es noch zahlreiche Punkte zu klären. Dies erledigen wir in einem ersten Gesprächstermin mit dem potenziellen Kunden. In manchen Branchen wird dieser Termin auch Projektbriefing genannt.
Warum ist das Erstgespräch wichtig für die Angebotserstellung?
Das erste Kundengespräch dient dazu, das Verständnis des potenziellen Auftrags zu vertiefen. Es ist aus drei Gründen absolut erfolgskritisch:
- Es hilft dir herauszufinden, was der Kunde wirklich erreichen will. Die zu Grunde liegende Motivation wird in der Anfrage häufig nicht explizit erwähnt. Dieses Verständnis ist jedoch die Grundlage für ein zielführendes Angebot. Mehr dazu weiter unten…
- Es bietet die Gelegenheit zu prüfen, ob die Rahmenbedingungen beider Seiten zusammen passen, insbesondere Terminplanung und Preis
- Achte auf dein Bauchgefühl. Stimmt “die Chemie” zwischen den beteiligten Menschen?
Wenn bei einem dieser Punkte Unstimmigkeiten auftreten, ist mindestens Vorsicht geboten. Möglicherweise kannst du deine Zeit besser investieren. Es ist okay, Anfragen abzulehnen, wenn der Bauch “nein” sagt. Wenn du in dieser Situation bist, helfen dir vielleicht unsere Tipps, wie du einen schlechten Kunden loswirst.
Infos aus erster Hand: sprich mit dem Entscheider
Es ist essenziell, dass du mit der Person sprichst, die bei der Auftragsvergabe letztendlich den Daumen hebt oder senkt. Damit der Daumen bei deinem Angebot nach oben zeigt, brauchst du den Input direkt vom Entscheidungsträger. Wenn die Anfrage direkt vom Inhaber oder Geschäftsführer kommt, stehst du schon mit dem Entscheider in Kontakt. Andernfalls musst du herausfinden, wer das ist.
Warum ist der direkte Austausch mit dem Entscheider so wichtig? Nur beim Entscheider können wir uns darauf verlassen, dass er die wahren Ziele des Projekts kennt.
Vielleicht fragst du dich: “Warum sollte ich denn überhaupt mit jemand anderem sprechen?”
Es gibt zwei verbreitete Szenarien. Der Entscheider delegiert den Anfrageprozess und/oder das ganze Projekt an einen Mitarbeiter. In diesem Fall stellst du bei der Planung des Erstgesprächs sicher, dass der Entscheider teilnimmt.
Das zweite Szenario ist ein Subunternehmer-Auftrag. Wenn die Anfrage von einer Agentur oder Auftragsvermittlung kommt, blockiert diese in aller Regel den direkten Zugang zum Entscheider.
Dieses Geschäftsmodell basiert auf der Abrechnung nach Stunden- oder Tagessätzen. Meist geht es um den Einkauf von reiner Arbeitsleistung als Outsourcing. Das Ziel ist häufig, eine definierte Leistung zu einem möglichst geringen Preis zu erhalten und weniger das bestmögliche Ergebnis zu erarbeiten.
In diesem Modell wirst du dich immer schwer tun, die wahre Motivation des (eigentlichen) Auftraggebers zu ermitteln und in deinem Angebot darauf einzugehen. Unter diesen Umständen ist es schwer bis unmöglich, ein überzeugendes Angebot zu erstellen.
Was ist das eigentliche Ziel des Projekts?
Das ist es, was du im Erstgespräch herausfinden musst.
Ein Kunde, der ein Redesign seiner Website anfragt, verfolgt damit ein bestimmtes Ziel. Und dieses Ziel ist nicht, dass die Website ein anderes Design erhält.
Das Ziel könnte sein: die Conversion Rate seines Online-Vertriebs steigern. Oder mehr Bewerber anziehen. Und auch diese Ziele können tiefer liegende Probleme verdecken. Was genau ist das Problem im Online-Vertrieb? Und wieso mehr Bewerber?
Worin liegt die eigentliche Motivation des Kunden, Kontakt zu dir aufzunehmen? Was treibt ihn um?
Um das zu verstehen, musst du im Gespräch mit dem Kunden zwei Dinge machen:
- Die richtigen Fragen stellen und
- Gut zuhören
Vermeide es, Annahmen zu treffen, vorschnell Schlussfolgerungen zu ziehen oder dem Kunden zu sagen, was er braucht. Das muss der Kunde sagen.
Mit folgenden Fragen kannst du dich an die wahre Motivation herantasten:
- Was hast du vor und warum ist das wichtig?
- Wer ist deine Zielgruppe bei diesem Projekt?
- Warum jetzt? Was ist passiert?
- Nenne zwei Wettbewerber
- Was sind die längerfristigen Ziele des Projekts?
“Was erhoffst du dir davon?” kann dir als Zwischen- oder Rückfrage Einblick in seine Motivation bringen. Oder schlicht die Frage nach den Hintergründen, nach dem “Warum”. Irgendwann verstehst du den wahren Grund und kannst darauf aufbauen.
Warum ist es so wichtig, das eigentliche Ziel zu kennen?
Jede Investition soll einen Ertrag einfahren, der größer ist als die Investition. Dann hat sich die Investition gelohnt. Diesem Erfolg stehen viele Risiken gegenüber. Das vielleicht größte Risiko liegt dabei in der Umsetzung der Investition.
Der Punkt ist der: Wenn dein Angebot auf die eigentliche Motivation des Kunden eingeht, erkennt der Kunde sofort, dass du ihn verstanden hast. Dein Angebot zeigt ihm einen klaren Pfad in Richtung Ziel. Dein Angebot minimiert sein Investitionsrisiko!
Passen die Rahmenbedingungen?
Was muss sonst noch geklärt werden?
- Deckt sich die Aufgabe mit den Interessen und strategischen Zielen deines Unternehmens?
- Kann der Auftrag mit den eigenen Kompetenzen in der gewünschten Qualität erfüllt werden?
- Hast du bzw. hat dein Team ausreichend Kapazität, um das Projekt zum gewünschten Termin abzuschließen? Unrealistische Terminvorstellungen bergen großes Potenzial für Frust und sollten als deutliches Warnsignal betrachtet werden.
- Passen Budget des Kunden und deine Preisvorstellung zusammen?
Für ein erfolgreiches Projekt, muss in jedem dieser Punkte eine Einigung erzielt werden. Ist das nicht möglich, kannst du externe Expertise oder Kapazität als Sub-Unternehmer einbinden (dann bist du plötzlich Vermittler: siehe oben “Infos aus erster Hand”) oder den Kunden an geeignete Kollegen verweisen.
Der letzte Punkt ist für viele Menschen der heikelste. Wenn du dich schwer tust, über den Preis zu sprechen, findest du unten eine Formulierungshilfe. Aber warum solltest du überhaupt vor der Angebotserstellung über den Preis sprechen?
Aus zwei Gründen:
- Wenn die Preisvorstellungen zu weit auseinander liegen, ist es sinnlos Zeit in ein Angebot zu investieren. In diesem Fall kannst du die Zeit besser nutzen.
- Du bekommst ein besseres Gespür für die Wertvorstellung des Kunden.
Wie gehst du vor?
Frage den Kunden direkt nach seinem Budget. Falls dir das Schwierigkeiten bereitet oder der Kunde keine klare Antwort gibt, nenne einen Bereich, in dem sich der Gesamtpreis deiner Leistungen bewegen wird. Das erzeugt Spielraum für die Angebotsgestaltung. Diesen kannst du z.B. für verschiedene Varianten nutzen [Link zu Alternativen/optionalen Leistungen]. Auch die Untergrenze sollte nicht zu knapp bemessen sein und einen Puffer enthalten. Ein generelles Mindestbudget für Aufträge zu haben, ermöglicht es dir sich auf weniger Projekte zu konzentrieren.
Tipp für die Gesprächsführung zum Preis
In der Praxis hat sich folgende Formulierung bewährt:
Lasst uns noch über das Budget sprechen. In welcher Größenordnung bewegt sich euer Budgetfür dieses Projekt?
Pause... Wenn keine (klare) Aussage kommt, probiere es anders:
Auf Basis meiner Erfahrung mit vergleichbaren Projekten gehe ich von einer Investition zwischen 8.000 und 15.000 EUR aus. Wie hört sich das für euch an?
Nachdem du die Frage gestellt bzw. den Preisbereich genannt hast, warte ab, was der Kunde sagt. Möglicherweise entsteht eine Gesprächspause, die du als unangenehm empfindest. Halte durch! Gib dem Kunden Zeit für seine Antwort. Vielleicht muss er überlegen. Vielleicht will er dich testen. In jedem Fall ist es wichtig, nicht in eine Rechtfertigungshaltung zu verfallen. Professionelle Leistungen haben ihren Preis. Punkt.
Wann ist Vorsicht geboten? ⚠️
Es gibt Warnsignale, die du bereits im ersten Gespräch wahrnehmen kannst.
Achte auf dein Bauchgefühl. Auch wenn du es intellektuell (noch) nicht begründen kannst, solltest du dies als deutliche Warnung begreifen.
Konkret solltest du vorsichtig sein, wenn der Kunde…
- nur über den Preis spricht
- auf einen viel zu knappen Zeitplan besteht
- seine Ziele nicht richtig formulieren oder festlegen kann
- zum Budget keine Aussage macht oder auf deinen Preisbereich nicht reagiert
- keine klaren Verantwortlichkeiten oder zu viele Verantwortliche hat (organisierte Verantwortungslosigkeit)
Hole dir die übersichtliche Checkliste für Kundenprojekte
Alle Fragen, die du deinen potenziellen Kunden stellen solltest, bevor du ein Angebot schreibst.
Erstgespräch auswerten
Nach dem Erstgespräch geht es an dessen Auswertung. Sichte deine Notizen. Ordne und ergänze sie, solang die Erinnerung frisch ist. Fasse die Ziele und die wichtigsten Punkte zusammen. Diese Notizen sind die Grundlage für ein erfolgreiches Angebot. Bei der Aufbereitung kann dir ein KI-Tool wie ChatGPT einen Teil der Arbeit abnehmen.
Überdenke noch einmal in Ruhe, ob es eines oder mehrere der oben genannten Warnignale gab. Und prüfe dein Bauchgefühl. Es ist velockend, diese Punkte auszublenden, wenn man den nächsten Auftrag dringend braucht. Wenn du Zweifel hast, kann es helfen, sich mit jemandem darüber auszutauschen. Die Person muss nicht zwingend vom Fach sein. Oft bringt schon die Schilderung eine neue Perspektive zu ans Licht.
Fazit und Tipps für die Bearbeitung einer Anfrage
- Mache dir Notizen im Erstgespräch
- Finde heraus, was der Kunde wirklich will
- Stelle Fragen – Nutze unsere Checkliste mit den wichtigsten Fragen zu Kundenprojekten
- Höre zu
- Biete an, was der Kunde wirklich will anstatt ihn zu etwas zu überreden
- Packe nicht zu viel Neues auf einmal an, bei dem dir die Erfahrung fehlt
- Achte auf dein Bauchgefühl
Alle Fragen geklärt? Die Rahmenbedingungen abgeglichen? Das Bauchgefühl gut? Dann geht es jetzt an die Angebotserstellung.